Offener Brief zu einem neuen Spielplatzschild
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Vertretende der Presse,
um Ihnen unser Unverständnis über die bundesweite Empörungswelle zur Novelle der Spielplatzbeschilderung in Köln zu begründen und in der Hoffnung, die Debatte zu versachlichen, schildern wir nachfolgend die Genese dieser Mitteilung. Im Anschluss räumen wir mit fünf weit verbreiteten verkürzten, irreführenden oder falschen Thesen auf.
Der Beschluss zur Neugestaltung der Spielplatzbeschilderung wurde am 26.09.2023 einstimmig im Jugendhilfeausschuss getroffen – mit Stimmen von CDU, Grünen, SPD, FDP und Linken. Volt ist proporzbedingt in dem Gremium nicht vertreten. Unter TOP 5.2.2 stellten CDU und Grüne damals einen Dringlichkeitsantrag, die Jugendbeteiligung zu fördern. Ein Teil dieses Antrags bestand aus dem Auftrag, unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein neues Spielplatzschild zu entwerfen.
„Kinder und Jugendliche wünschen sich hier eine Verbesserung.”, heißt es dort (AN/1724/2023). Für diesen partizipativen Prozess wurden 38.000 Euro aus dem politischen Veränderungsnachweis bereitgestellt. Der Niederschrift zur Ausschusssitzung ist zu entnehmen, dass die politischen Vertretenden unisono begeistert waren.
Diesen politischen Auftrag setzte die Stadtverwaltung um. Auf Spielplätzen in allen Kölner Stadtbezirken konnten Kinder und Jugendliche ihre Meinungen und Ideen zur Neugestaltung des Schildes mitteilen. Am Weltkindertag 2024 wurde eine weitere Beteiligungsrunde durchgeführt, um eine breitere Öffentlichkeit in die Ideenfindung zu Design und zur Formsprache einzubeziehen. Im Anschluss wurde eine Designagentur mit dem Zusammenfügen der Anregungen zu einem Gestaltungsentwurf beauftragt.
In diesem Prozess stellte sich heraus, dass der Begriff des Spielplatzes einerseits Flächen wie Skateanlagen nicht zutreffend beschreibt und andererseits Jugendliche nicht so anspricht. Das Wort „Spielplatz” wurde deshalb auf dem Schild durch „Spiel- und Aktionsfläche” ersetzt. That’s it.
Unabhängig davon, wie man zu diesem neuen Wording steht, sollte man anerkennen, dass es Ergebnis einer umfangreichen Jugendbeteiligung ist.
These 1: Die Stadtverwaltung hat nichts Besseres zu tun.
Die Stadtverwaltung hat nunmal politische Beschlüsse umzusetzen. Vor diesem Hintergrund irritiert uns im Übrigen die Aussage der Oberbürgermeisterin, sie habe kein Verständnis dafür, dass sich die Verwaltung mit der Neugestaltung von Spielplatzschildern beschäftigt.
These 2: Die Politik hat nichts Besseres zu tun.
Klar ist, dass wir vieles Anderes zu tun haben. Wir sind – mitunter, weil wir nicht im Jugendhilfeausschuss sitzen – erst vor kurzem auf diesen Beschluss aufmerksam geworden. Mag vielleicht auch daran liegen, dass allein die letzte Ratssitzung über 150 Tagesordnungspunkte zählte. Grundsätzlich denken wir, dass Jugendliche noch viel mehr beteiligt werden sollten.
These 3: Alle Schilder werden nun ausgetauscht.
Falsch. Ein flächendeckender Austausch zu einem Zeitpunkt X ist nicht vorgesehen. Neue Spielplatzschilder werden schrittweise aufgestellt – zum Beispiel im Zuge der über 200 geplanten Spielplatz-Neubauten und -Sanierungen bis 2030 (siehe 2960/2024, Anlage 2) oder bei Bedarf, wenn alte Schilder beschädigt sind.
These 4: Das kostet ein Vermögen.
Für den partizipativen Prozess hat der Jugendhilfeausschuss 38.000 Euro zur Verfügung gestellt – das ist passé. Besondere Mehrkosten entstehen durch die neuen Schilder keine mehr. Wenn nur beschädigte Schilder ausgetauscht werden oder neue hinzukommen, wären diese Kosten auch ohne neues Design angefallen. Die Neuauflage des Spielplatzschildes nun abzulehnen, wäre nichts weiter als ein Symbolakt. Wir erwarten im Übrigen, dass die Sache weiter im Jugendhilfeausschuss behandelt wird, um die vorangegangene Jugendbeteiligung zu respektieren.
These 5: Spielplätze verlieren dadurch ihre Schutzfunktion.
Falsch. Wie der entsprechenden Mitteilung zu entnehmen ist, hat die Beschilderung lediglich einen Informationscharakter, aber keine planungsrechtliche oder Ordnungspolitische Bedeutung – sowohl in Bezug auf den Immissionsschutz als auch auf die Kölner Stadtordnung, sodass die Eingriffsmöglichkeiten der Ordnungsverwaltung aufrechterhalten bleiben.
Während sich Teile der Öffentlichkeit, Presse und Politik an einem Begriff abarbeiten, drohen die eigentlichen Anliegen aus dem Blick zu geraten: Freiräume für Kinder und Jugendliche und ihre Beteiligung in unserer Stadt. Die Empörung mag für reißerische Überschriften taugen, bietet aber vor allem den Kulturkämpfenden am rechten Rand willkommene Munition. In diesem Sinne hoffen wir, dass die Debatte zurück auf den Boden der Tatsachen findet und der durchlaufene Beteiligungsprozess der Jugend respektiert statt verspottet wird.
Mit freundlichen Grüßen aus Köln
Manuel Froh
Ratsmitglied der Volt Fraktion im Rat der Stadt Köln
Für die Volt Fraktion im Rat der Stadt Köln
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Link zur entsprechenden Mitteilung aus der Sitzung vom 24.06.2025
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp?__kvonr=128165
Link zur Niederschrift des Jugendhilfeausschusses (JHA) vom 26.09.2023
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=994826
Link zum einstimmig im JHA beschlossenen Antrag vom 26.09.2023
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=954411&type=do