Volt klagt gegen Wahlrechtsreform

Die Kölner Volt Fraktion sieht die Reform vor dem Hintergrund der konstruktiven Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene ebenso mit Unverständnis.

Köln, den 30.08.2024 – Volt NRW hat gestern Klage gegen die Reform des Kommunalwahlrechts eingereicht, die vom Landtag am 3. Juli 2024 beschlossen wurde. Die Partei klagt beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW) und ist aufgrund vorliegender Rechtsgutachten zuversichtlich, den Prozess zu gewinnen. 

Die Kölner Volt Fraktion zeigt sich vor dem Hintergrund der konstruktiven Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene verwundert über die Bestrebungen der etablierten Parteien im Landtag, das Kommunalwahlrecht zu Lasten kleinerer Parteien zu verändern. Fraktionsvorsitzende Jennifer Glashagen verweist auf die Ergebnisse der letzten Wahlen, bei denen die Wählerinnen und Wähler zunehmend neue Akzente setzen wollten, indem sie jungen Parteien wie Volt ihre Stimme gaben. 

Kommunen leben vom Engagement im Kleinen; sei es in Vereinen, in Interessengruppen oder eben in kleineren Parteien. Die Reform des Kommunalwahlrechts erstickt dieses Engagement im Keim. 

Die Europawahl hat den Wunsch nach neuen Lösungen sichtbarer gemacht als je zuvor. Einen Monat später ändern die etablierten Parteien das Wahlrecht zu ihren Gunsten. Eine solche Verzerrung des Wählerwillens zeugt von einem eigenwilligen Demokratieverständnis und droht, die Politikverdrossenheit voranzutreiben. 

In Köln arbeiten wir mit diesen Parteien konstruktiv zusammen. Wir erringen Kompromisse und streiten für mehr Pragmatismus, mehr Fortschritt und mehr Europa. Sich dieser Machtteilung über eine Änderung des Wahlrechts zu entledigen, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Jennifer Glashagen, Vorsitzende der Volt Fraktion im Kölner Rat

Link zur Pressemitteilung von Volt NRW
https://voltdeutschland.org/nrw/neuigkeiten/wahlrechtsreform

Über die Volt Fraktion im Kölner Rat – Bei der Kommunalwahl 2020 erhielt Volt vier Mandate und bildet seitdem zusammen mit den Grünen und der CDU das Ratsbündnis. Im Ausschuss für Digitalisierung stellt Volt den Vorsitzenden. 

Hintergrund – Die Sitze in den Stadt- und Gemeinderäten wurden bisher nach dem sogenannten Sainte-Laguë-Verfahren, das auf der Standardrundung nach Sainte-Laguë basiert, berechnet. Dabei fielen auch zum Beispiel halbe Sitze ins Gewicht, sofern diese einer Partei nach ihrem Stimmenanteil zustanden. Das passierte immer wieder, da es in NRW keine Sperrklausel mehr gibt, seit der Verfassungsgerichtshof des Landes zuerst die Fünf-Prozent-Hürde und schließlich auch die 2,5-Prozent-Hürde gekippt hatte. Weil keine halben Sitze vergeben werden, wird in solchen Fällen nach Sainte-Laguë regelmäßig von einem halben auf einen ganzen Sitz im Rat aufgerundet. 

Der Landtag hat nun das Quotenverfahren mit prozentualem Restausgleich eingeführt. Dies führt dazu, dass es schon zur Kommunalwahl 2025 schwieriger wird, ein Mandat zu erringen. Kleine Parteien und Wählergemeinschaften werden hierdurch einseitig benachteiligt.

Wäre die nun beschlossene Regelung schon bei der letzten Kommunalwahl angewendet worden, hätte die Union 184 Sitze mehr gewonnen. Auch die SPD mit zusätzlichen 84 Mandaten und die Grünen mit 51 Mandaten hätten profitiert.

Über das Sainte-Laguë-Verfahren – Das Verfahren nach Sainte-Laguë findet seit 2010 in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Bei diesem Verfahren, auch Divisormethode mit Standardrundung genannt, werden die jeweiligen Anzahlen der Zweitstimmen für die einzelnen Parteien durch einen gemeinsamen Divisor geteilt. Die sich ergebenden Quotienten werden standardmäßig zu Sitzzahlen gerundet, das heißt bei einem Bruchteilrest von mehr als 0,5 wird auf-, bei weniger als 0,5 wird abgerundet, bei einem Rest von genau gleich 0,5 entscheidet das Los. Der Divisor wird dabei so bestimmt, dass die Sitzzahlen in der Summe mit der Gesamtzahl der zu vergebenden Mandate übereinstimmen.

Über das Quotenverfahren mit prozentualem Restausgleich – Dieses Verfahren baut auf der Hare-Quote auf, dem Quotienten aus Gesamtstimmen und Gesamtsitzen. Werden die Stimmen einer Partei durch die Hare-Quote geteilt, gibt die Ganzzahl des Quotienten an, wie oft die Hare-Quote erfüllt ist; diese Zahl an Sitzen erhält die Partei in der Hauptzuteilung. Von den verbleibenden Sitzen geht je einer an diejenigen Parteien, deren Quotienten die höchsten Bruchteilsreste aufweisen.